SERIE:

Lieblingsstücke

Unsere Mitarbeiter stellen ihre Lieblingsexponate aus dem Bayerischen Brauereimuseum vor.

Anlässlich des 30-jährigen Jubiläums unseres Bayerischen Brauerei Museums freuen wir uns, eine besondere Artikelserie zu präsentieren. In dieser Serie stellen wir Ihnen die Geschichten und Lieblingsstücke unserer Museumsmitarbeiter und ehemaligen Mitarbeiter vor. Die Mitarbeiter stellen die persönlichen Hintergründe ihrer Lieblingsstücke und die faszinierenden Geschichten dahinter vor. Erfahren Sie mehr über die Schätze unseres Museums durch die Augen derjenigen, die täglich daran arbeiten, unser kulturelles Erbe zu bewahren und zugänglich zu machen. 

Ute Kügemann

Ute Kügemann unterstützte das Museumsteam im Kulmbacher Mönchshof 14 Jahre lang, bevor sie 2022 „in Rente“ ging. Auf die Möglichkeit, im Bayerischen Brauereimuseum  mitzuarbeiten, war sie 2008 durch eine gestoßen. Als sie es las, fühlte sie sich sofort angesprochen – denn durch Heirat entstammte sie dem „Brauermillieu“ – hatte eine bewegte Brauereivergangenheit hinter sich. Der Großvater ihres verstorbenen Mannes, Herbert Kügemann, war Adam Düll, der 1908 die Magnus-Bräu in Kasendorf dem Vorbesitzer, der Brauerfamilie Maisel, abkaufte und fortan unter „Magnus-Bräu, Privatbrauerei A. Düll“ firmierte.  

1994 wurde der Braubetrieb eingestellt und die Brauerei an die EKU in Kulmbach verkauft. Bald danach machte Ute Kügemann die Bekanntschaft mit Sigrid Daum und Bernhard Sauermann. Die beiden Museumsmacher besuchten sie in Kasendorf – sie waren auf der Suche nach möglichen Exponaten für die Erweiterung des Bayerischen Brauereimuseums, die man in der aufgelassenen Brauerei vermutete. Es fanden sich auch einige interessante Dinge – große und kleine. So zum Beispiel aus dem ehemaligen Fuhrpark ein stillgelegter Lieferwagen, allerlei brautechnische Utensilien und ein umfangreicher Etikettenbestand, dieser sogar noch in der Original-Umverpackung. Ute Kügemann freute sich, dass die Dinge in gute Hände kamen und trennte sich von ihnen, wenn auch schweren Herzens.  

Das Zeitungsinserat ließ diese Erinnerung wieder aufleben und kurzer Hand griff Kügemann zum Telefonhörer. Schnell wurde sie sich mit Sigrid Daum einig, dass sie beim ehemaligen Museums-Braumeister Robert Boser ein Praktikum machen könnte, um ihre Brauereikenntnisse aufzufrischen und zu vertiefen. Bald war sie fit für den Museumsbetrieb und machte ihre erste Führung. An die erinnert sie sich heute noch ganz genau: „Ich führte eine Gruppe Männer, die einen Ausflug machten und dabei das Brauereimuseum besichtigen wollten. Ich war sehr aufgeregt, aber die Führung lief gut, die Gäste waren zufrieden. Unter den Männern war auch mein Schwager. Und wie ich im Nachhinein erfuhr, auch ein Braumeister. Wenn ich das vorher gewusst hätte, wäre ich sicher vor Aufregung fast gestorben.“ 

Rückblickend schwärmt Ute Kügemann von der schönen Zeit im Mönchshof: „Die Zeit des Aufbaus war so spannend und unser Tätigkeitsspektrum so vielseitig. Am allerbesten fand ich das freundschaftliche Verhältnis in diesem guten Team“. 

Das Lieblingsstück 

Vor fast 30 Jahren hatte Ute Kügemann dem Bayerischen Brauereimuseum ein paar original verpackte Etiketten aus der Magnus-Bräu  in Kasendorf übergeben. Dort warteten sie im Museumsdepot auf ihren großen Einsatz. Als 2002 das Museum erweitert wurde, wanderten sie in die neu inszenierte Faschenfüllerei, wo sie ihren Platz exakt neben einer alten Etikettiermaschine fanden. Sehr zur Freude von Kügemann: „Immer wenn ich eine Gruppe vorbeiführte, rief ich ein heimliches `Hallo´ hinüber. Schön, dass sie hier noch zu Ehren kommen.“ 

Die Etiketten der ehemaligen Magnus-Bräu hat Ute Kügemann vor fast 30 Jahren dem Museumsleiter übergeben. Sie sind ein Zeugnis der 1994 stillgelegten Brauerei in Kasendorf. Foto: Sigrid Daum-Sauermann

Die Entdeckung der Etiketten als Werbeträger 

Wie die Kasendorfer Etiketten in´s Kulmbacher Museum gekommen sind, ist nun schon bekannt, deshalb erzählt Museumsleiter Bernhard Sauermann  ein wenig vom Wesen der Etiketten, deren Zweck und ihrer Ausgestaltung: „Ursprünglich holte man sich sein tägliches Bier mit dem eigenen Krug nach Hause, den der Wirt des Vertrauens stets auf´s Neue aus dem Fass befüllte. Die Produktqualität auf diesem Vertriebsweg war naturgemäß allerdings nur selten hitverdächtig. Später trat dann der Siphon seinen Siegeszug an, bis schließlich die sogenannten Flaschenbierhandlungen die Verteilerfunktion übernahmen, allerdings noch immer aus Fässern befüllt.  

Flaschen aus Ton und später aus Glas kamen auf den Markt mit Füllmengen von ursprünglich einem, schon bald mehrheitlich nur einem halben Liter. Damit diese  Flaschen zielsicher dem Eigentum des jeweiligen Händlers zugeschrieben werden konnten, wurden sie erst durch entsprechende Einritzungen gekennzeichnet, anschließend mittels Glasprägungen oder in Emaillfarben originär beschriftet. 

Letztlich ging ab den Jahren um 1900 das Flaschenbiergeschäft sukzessive auf die jeweiligen Braustätten über und begann sich schnell zu industrialisieren. Da sich dort die Arbeit mit geprägten, bemalten oder bedruckten Flaschen bald als zu unproduktiv erwies, weil in Summe viel zu aufwändig, kam als `Kaiserweg´ das Papieretikett relativ schnell flächendeckend zum Einsatz. Je nach Anforderung konnten damit kurzer Hand die unterschiedlichsten Botschaften in wechselndem Zeitgeschmack den potentiellen Kunden umgarnen. Firmenlogo, Geschäftsphilosophie. Produkt- und Rechtsinformationen finden ihren Platz auch heute noch auf Bauch-, später zudem auf zugehörigen Halsetiketten. 

Um im zunehmend sich anonymisierenden Markt auf sich aufmerksam zu machen, entwickelten sich die Etiketten schnell zu kleinen grafischen Kunstwerken, die schon früh ihre Liebhaber fanden und sich auf diese Weise in allerlei Sammlungen unterschiedlichster Ausrichtungen verewigten. In Kulmbach hatte das Bayerische Brauereimuseum das ausgesprochene Glück, mit dem Firmenarchiv der damaligen Mönchshof-Bräu auch eine umfassende Etikettendemonstration übernehmen zu können, die unter der akribischen Regie des ehemaligen Brauereidirektors Walter König in der Nachkriegszeit zusammengetragen wurde und in ihrer einzigartigen Chronologie die Entwicklungsgeschichte der Meußdoerffer´schen Privatbrauerei auf´s Trefflichste dokumentiert.  

Doch auch die Reichelbräu, heute Kulmbacher Brauerei, konnte maßgeblich beisteuern: hier legte der bereits seit vielen Jahren verstorbene Diplom-Braumeister Bernhard Schuhmann eine beeindruckende Etikettensammlung an, die nicht nur die Geschichte der Reichelbräu inhaltlich widerspiegelt, sondern auch die einer Vielzahl von zugekauften Konkurrenzunternehmen. Kleinere Sammlungen aus dem gesamtbayerischen Raum kamen hinzu und so ist das Bayerischen Brauereimuseum heute gut gerüstet, was das Thema `Bieretiketten´ anbelangt, und sehr glücklich, auch in diesem Bereich eine entsprechende Expertise stellen zu können. 

Weitere Kasendorfer Spur 

Eine weitere Spur der „Magnus-Bräu, Privatbrauerei A. Düll“ findet sich im Bayerischen Brauereimuseum in der Abteilung „Bier in der Werbung“ an der großen Ausstellungswand mit allerlei Bierwerbeplakaten: ein Emailschild, Leihgabe von  Bernhard Sauermann: „Das blaue Schild mit dem Magnus-Turm ist mir besonders an´s Herz gewachsen, denn es war eines der ersten Fundstücke in meiner langjährigen Sammlerkarriere.“  

Fotos: Sigrid Daum-Sauermann
Fotos: Sigrid Daum-Sauermann

Aber auch der einstige Lieferwagen der Magnus-Bräu darf keinesfalls vergessen werden. „Ein bildschöner Borgward“, schwärmt Bernhard Sauermann, „der in der Dauerausstellung bisher leider noch keinen Platz gefunden hat. In unserem Depot wird der Brauerstolz aber sorgsam aufbewahrt und ich bin mir sicher, dass einmal seine große Stunde schlägt und er strahlend  in den Fokus der Besucher gerät“.