Von Sigrid Daum-Sauermann
Es gibt so gut wie kein Kind, das nicht gerne „Einkaufen“ spielt. Deshalb war es für die kleine Ursula aus Coburg eine große Freude, als sie 1962 von ihrem Opa einen Kaufladen geschenkt bekam. Opa Gustav Schubert war selbständiger Schreiner und hatte das Prunkstück selbst gebaut und liebevoll in Grüntönen angestrichen. Mit Schubkästen, Regalen und einer Ladentheke. Eine Besonderheit waren 2 Schaufenster, das hatten längst nicht alle Spielzeugkaufläden.
Nicht nur Ursula hatte den Kaufladen bespielt, sondern auch ihr kleiner Bruder Günter.
Als dieser erwachsen und Vater geworden war, überarbeitete er diesen für seine Tochter Nathalie. Er strich ihn in blau-lila Tönen und ergänzte ihn mit einer Ladenglocke und einer elektrischen Beleuchtung. Außerdem brachte er ein Ladenschild an: „Nathalies Lädle“. Als Nathalie aus dem „Kaufladen-Alter“ herausgewachsen war, wanderte das Spielzeug zur Oma, die genügend Stauraum hatte für allerlei Ausgedientes
Jetzt, 63 Jahre später, ist die Oma verstorben, ihr Haus wird verkauft, der Haushalt wird aufgelöst. Deshalb brachte Ursula Höllein, begleitet von ihrem Mann Uwe, den Kaufladen mitsamt seiner Einrichtung vergangene Woche in den Kulmbacher Mönchshof zu Bernhard Sauermann, dem Museumseiter der Museen im Mönchshof. Bei einem kürzlichen Besuch des Bayerischen Brauereimuseums war sie durch die laufende Sonderausstellung im Museumsfoyer „Puppenstuben und Kaufläden“
angeregt worden, sich von ihren immer noch aufbewahrten Lieblings-Spielzeugen zu trennen und sie nach Kulmbach zu bringen, um sie letztendlich davor zu bewahren, eines Tages beim Sperrmüll zu landen.
Außer dem Kaufladen hatte Frau Höllein noch einen kleinen funktionstüchtigen Elektroherd dabei und ein schmuckes Kinderservice aus ihrer Kindheit: „Auf dem Herd wurde oft in kleinen Töpfen gekocht. Vor allem am Sonntag, wenn die Mutti die Klöß` gemacht hat, hab ich a weng Teig gekriegt und kleine Puppenklöße gekocht und im Backröhr einen kleinen Kuchen gebacken.“ Bei diesen Worten glänzen ihre Augen…
Bernhard Sauermann freute sich sehr über die beherzte Einlieferung: „… und insbesondere darüber, dass unser guter Ruf als Hort für Geschichte und Tradition sogar bis nach Coburg hallt.“
Das Ehepaar Höllein hatte sich als „Wiederholungstäter“ zu erkennen gegeben – die beiden hatten den Kulmbacher Mönchshof mit seinem Bayerischen Brauereimuseum, dem Bayerischen Bäckereimuseum und dem Deutschen Gewürzmuseum schon öfter besucht und finden die Museenlandschaft immer wieder eine Reise wert.
Der Museumsleiter verstaute die liebenswerten Zeugnisse der 60er-Jahre Kinderträume sicher im Museumsdepot und resümiert: „Kinder lernen durch Nachahmung und imitieren beim Spielen von klein auf alles, was Erwachsene ihnen vorleben. Zu den beliebtesten Rollenspielen gehört das „Einkaufen“, bei dem sie begeistert das Geschehen im Kaufladen adaptieren.“
Wenn Kinder in die Rolle des Ladenbesitzers oder des Einkäufers schlüpfen, dürfen sie endlich einmal bestimmen, was sie tun oder kaufen wollen, alle Produkte anfassen und nach Herzenslust den Einkaufskorb füllen, also all das tun, was ihnen im Supermarkt sonst immer so streng verboten ist.
